Der Mutterschutz ist kein Verhandlungsthema – er ist ein Grundrecht auf Schutz

22. Apr. 2025 | Allgemein | 0 Kommentare

Mit großem Befremden nehme ich zur Kenntnis, dass Claudia Alfons, Oberbürgermeisterin der Stadt Lindau, den gesetzlichen Mutterschutz für sich aushebeln ließ. Was als Fortschritt in Sachen Gleichstellung verkauft wird, ist in Wahrheit ein gefährlicher Präzedenzfall – zu Lasten des Kindeswohls und des gesellschaftlich errungenen Schutzes für Mütter und Familien.

Der Mutterschutz ist kein verstaubtes Relikt vergangener Zeiten, sondern ein bewusst gesetzter Schutzraum – für die körperliche Erholung der Mutter und vor allem für die gesunde Entwicklung des Neugeborenen. Wer diesen Schutz öffentlich infrage stellt oder gar umgeht, sendet ein fatales Signal: dass politisches Amt und beruflicher Ehrgeiz über dem stehen dürfen, was unser Gesetz bislang zurecht schützt.

Natürlich stehen Frauen heute vor einem echten Spagat zwischen Karriere und Familie. Doch wer sich bewusst für ein öffentliches Amt entscheidet, trägt auch Verantwortung – nicht nur gegenüber einer Stadt, sondern auch gegenüber dem eigenen Kind. Politik darf kein Ort sein, an dem die Fürsorge für ein Neugeborenes dem eigenen Gestaltungswillen geopfert wird. Sondern ein Raum, in dem auch Vorbilder gefragt sind: für eine Vereinbarkeit, die nicht auf Kosten der Kleinsten geht.

Die Lösung kann und darf nicht darin bestehen, gesetzliche Schutzmechanismen auszuhöhlen. Vielmehr braucht es politische Rahmenbedingungen, die Raum für Familie schaffen – auch für politische Entscheidungsträgerinnen. Es geht nicht um Verzicht, sondern um Respekt: vor der Rolle als Mutter, vor den Bedürfnissen des Kindes und vor einem Rechtsrahmen, der mit gutem Grund existiert.

Wer politische Verantwortung übernehmen will, sollte sich auch ehrlich mit der Frage auseinandersetzen, ob und wie eine Familienplanung in dieses Leben passt – nicht andersherum. Kinder sind keine Karrierezutat. Sie verdienen Fürsorge, Zeit und Priorität – gerade in den ersten, entscheidenden Lebenswochen.

Hintergründe

Claudia Alfons, die Oberbürgermeisterin von Lindau, hat kürzlich für Aufsehen gesorgt, indem sie sich erfolgreich dafür eingesetzt hat, den gesetzlichen Mutterschutz nicht in Anspruch nehmen zu müssen. Nach der Geburt ihres dritten Kindes wollte sie ihre Amtsgeschäfte fortführen, was jedoch laut dem Mutterschutzgesetz nicht vorgesehen war. Durch Gespräche mit dem bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erreichte sie eine Änderung, die es kommunalen Wahlbeamtinnen in Bayern ermöglicht, selbst zu entscheiden, ob sie Mutterschutz nehmen oder ihre Tätigkeit fortsetzen möchten

Diese Entscheidung hat eine Debatte ausgelöst. Befürworter sehen darin einen Schritt zur Gleichstellung und Selbstbestimmung von Frauen in Führungspositionen. Kritiker hingegen befürchten, dass dies den Schutz von Müttern und Kindern untergraben könnte. Alfons betont, dass es ihr nicht darum geht, den Mutterschutz abzuschaffen, sondern Frauen die Wahlfreiheit zu geben, ihre berufliche Rolle selbstbestimmt auszuüben.
Quelle: https://www.sueddeutsche.de/bayern/oberbuergermeisterin-mutterschutz-amtsgeschaefte-geburt-lindau-alfons-schulze-li.3236583?reduced=true